Freunde des Schneiderhandwerks, ich bin im Glück! Meine Schneiderschere ist frisch geschliffen, und es gibt kaum ein schöneres Geräusch, als das Zischen der scharfen Klingen. Ahhh! Diese Gelegenheit nehme ich zum Anlass einmal aufzuschreiben, was eine gute Schneiderschere ausmacht und welche Schneidewerkzeuge Du sonst noch brauchst.

Scheren sind eines der wichtigsten Werkzeuge in der Schneiderei. Je sauberer die Kanten eines Stoffteils zugeschnitten sind, desto einfacher ist es später beim Nähen. Deshalb ist es wichtig, eine gute und scharfe Schneiderschere zu haben. Also. Was muss eine gute Schneiderschere alles können?

1. Sie muss scharf sein.

Egal ob Du Futterstoff oder Denim zuschneidest, Deine Zuschneideschere sollte alles ohne Probleme schaffen. Sie sollte so scharf sein, dass Du auch dicke Stoffe ohne besonderen Kraftaufwand schneiden kannst. Außerdem muss sie bis in die Spitze schneiden und nicht auf halber Strecke schlapp machen.

2. Sie darf nicht zu leicht sein

Je mehr Gewicht die Schere auf die Waage bringt, desto einfacher ist es, präzise zu schneiden. Viele Scheren, die man in Kurzwarenabteilungen als „Schneiderschere“ und sogar mit der Bezeichnung „Professional“ kaufen kann, sind meiner Meinung nach viel zu leicht. Ich habe zwar auch so eine Schere (WARUM?!), aber ich benutze sie nie. 

Eine leichte Stoffschere mit Plastikgriff

Eine Schere, die ich zwar habe, aber nie verwende

Ich kann mich nicht mehr erinnern, warum ich diese Schere gekauft habe. Damit kann ich nicht arbeiten. 

Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Du für dünne Stoffe eine andere Schere brauchst als für dicke Stoffe. Eine gute Zuschneideschere kann beides.

3. Sie muss zu Dir passen

Wie gesagt: Eine gute Zuschneideschere ist schwer. Damit das Zuschneiden nicht zu anstrengend wird, muss die Schere gut in der Hand liegen. Die Grifflöcher sollten zu Deiner Hand passen. Auch beim tatsächlichen Gewicht und der Klingenlänge, sind die Vorlieben ganz individuell. Die Klingen meiner Schneiderschere sind 10 Zoll (12,5 cm) und die Schere hat ein Gewicht von 328 Gramm. (Ich habe sie extra gewogen.) Im Idealfall probierst Du die Schere vor dem Kauf aus.

Meine Lieblings-Zuschneideschere. Ganz aus Metall mit schwarzem Griff.

Das ist meine Schneiderschere, mit der ich alle Stoffe zuschneide

Grundsätzlich gilt: Je weniger Schnitte Du neu ansetzen musst, desto besser. Bei kurzen Klingen geht die Schere öfter auf und zu als bei langen Klingen. Das ist gut. Aber wenn die Schere für Deine Hände und Deine Kraft zu groß und zu schwer ist, und Du damit nicht mehr gut umgehen kannst, ist das natürlich nicht gut. Hier gilt es, einen guten Mittelweg zu finden, der für Dich passt.

4. Die Pflege

Je nachdem wie oft die Schere in Gebrauch ist, muss sie immer wieder geschärft werden. In Schneiderwerkstätten werden die Scheren oft vor der Sommerpause eingesammelt und zum Schleifen gebracht. Im Hausgebrauch ist das vermutlich nicht jedes Jahr nötig. Du merkst selbst, wann es dafür Zeit ist.

Außerdem sollte sie möglichst nicht runterfallen und staubfrei und trocken gelagert werden.

5. Warum darf man mit der Schneiderschere kein Papier schneiden?

Auf diese Frage hatte ich lange selbst keine Antwort. Aber als meine Schere beim Schleifen war, habe ich die Gelegenheit genutzt und den Herrn Messerschmiede-Schleifer-Meister höchstpersönlich gefragt. 

Er hat mir erklärt, dass die Holzfasern im Papier die Schere stumpf machen. Eine Stoffschere hat also keinen besonderen Schliff (was ich immer dachte), sondern sie muss einfach sehr, sehr scharf sein. Und Papier macht sie stumpf.

Also: Verteidige Deine Stoffscheren vor anderen Familienmitgliedern um jeden Preis!

6. Mein Jahrmarktsscherle

Meine zweite Schere, ohne die ich nicht sein kann, ist mein „Jahrmarktsscherle“. Die heißt bei mir so, weil sie klein ist (deswegen das -le) und weil ich sie vor vielen Jahren auf dem Jahrmarkt in Lindau gekauft habe. Der Lindauer Jahrmarkt ist ein Krämermarkt, wie es ihn in vielen Ortschaften gibt. Dort gibt es immer Stände mit Schneidewerkzeugen. Und dort habe ich mein Scherle gekauft.

Ein kleines Scherchen aus Edelstahl und spitziger Spitze

Mein Jahrmarktsscherle liegt beim Nähen immer parat

Diese kleine Schere liegt beim Nähen immer parat, um die Fäden abzuschneiden, um Ecken einzuschneiden oder die Nahtzugabe zurückzuschneiden, wenn es mal notwendig ist. Sie ist insgesamt 12,5 cm lang. Wichtig ist die spitze untere Klinge, damit man präzise in Ecken schneiden kann. (Auf dem Foto ist die spitze Klinge oben, aber beim Schneiden ist es die untere Klinge.)

7. Was ist mit dem Rollschneider?

In Tutorials sehe ich oft, dass da ein Rollschneider verwendet wird. Damit arbeite ich nicht, deshalb kann ich dazu nicht viel sagen. Ich kann mir vorstellen, dass es bei kleinen Teilen und bei Patchworkarbeiten nützlich ist, aber zum Zuschneiden von Oberbekleidung würde ich persönlich keinen Rollschneider benutzen. Schon allein deshalb, weil man dazu extra eine Schneidematte und ein Lineal benötigt. Das ist mir schon zu umständlich. Und für Ecken braucht man dann sowieso wieder eine Schere.

Fazit

Zum Nähen genügen zwei Scheren. Eine Stoffschere und eine kleine Zwickschere. Beide sollten schön scharf sein und nur dafür verwendet werden.

Um Papierschnitte auszuschneiden, brauchst Du noch eine Papier- oder Haushaltsschere. Aber das war‘s. 

P.S.:

Wenn ich nicht das Glück hätte, einen Messerschmiedeschleifermeisterbetrieb in der Nähe zu haben, hätte ich meine Scheren vermutlich zum Schleifkurier geschickt.


  • Liebe Sabine,
    wieder ein toller Blogpost mit hilfreichen Infos, vielen Dank! Gutes Werkzeug ist die halbe Miete, ich bin ganz bei dir 🙂 Meine Stoffscheren sind mir heilig, ich halte sie fern von Papier oder anderen Materialien. Den Rollschneider finde ich unentbehrlich, wenn ich BHs zuschneide. Die vielen kleinen Schnittteile aus hauchdünnen Stoffen, wo es auf mm ankommt, wären mit einer großen Schere sehr mühsam und nicht exakt. Ich nenne ihn liebevoll mein Pizzamesser 😀
    Liebe Grüße!

    • Liebe Frauke,
      vielen Dank für Deinen Kommentar!
      Beim Zuschneiden von BH-Teilen sehe ich ein, dass ein Pizza- bzw. Rollschneider nützlich ist! Aber manchmal bin ich erstaunt, wie erfahrene Schneider*innen kleinste Teile mit riesigen Scheren zuschneiden. Fast wie Edward mit den Scherenhänden 🙂

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